Unser Corona-Tagebuch

Erfahrungen und  Gedanken unserer Wohnis in der Coronakrise

01.05.2020 Es ist vollbracht

Unser Wohnprojekt ist vollzählig. Alle Wohnungen haben ihre Mieter gefunden 🙂

Die Vorstellung der neuen Interessenten war in Corona – Zeiten etwas ungewöhnlich.

Es gab Kurz – Porträts oder ausführlich dargestellte Beweggründe für den Wunsch nach einem Leben in einer generationübergreifenden Wohngemeinschaft und sogar professionell gestaltet mit Fotos per PDF – Datei.

Das erste persönliche Kennenlernen innerhalb unserer Gruppe lief dann per Video – Konferenz aus dem Home – Office.

Dass wir mit außergewöhlichen Herausforderungen umgehen können, haben wir hiermit bewiesen.

In ein paar Monaten werden wir einziehen und zusammen wohnen.

30.04.2020 Tausend Dank für tausend Brötchen

Die tausend Brötchen waren mehrheitlich Stullen/Butterbrote und es waren mehr als tausend:   ~1300 an jeweils drei Tagen, fünf Wochen lang.

Dazu: unzählige Äpfel, hartgekochte Eier, kleine Wasserflaschen und Osterhasen-Schokoladen-Grüße

Dazu: Spenden

Dazu: herzliche Begrüßungen und Begegnungen, überraschende, wohltuende Kommentare wie  „macht Spaß, gemeinsam etwas ganz Konkretes zu machen“, „mal über den Tellerrand zu gucken und zu helfen“, „Wir hatten einen schönen Vormittag“, „Ich könnte das auch noch weitermachen“, „tolle, sinnvolle Aktion, sag´, wenn´s weitergeht“…

Geht auch, liebe Wohnis: Im Spendentopf liegen noch 100 € – bereit!

DANKE für die schöne Erfahrung, sagt euer Transportunternehmen – auch Bütterchen-Taxi genannt.

23.04.2020 Neue Kommunikationsformen in den Bielefelder Wohnprojekten

Wie schon erwähnt, erschien gestern in der NW ein Tagebucheintrag zum Miteinander in einigen Bielefelder Wohnprojekten, die wiederum Mitglied im „Bielefelder Netzwerk selbstorganisierter Wohnprojekte e.V.“ sind. Die meisten davon wohnen bereits zusammen, andere sind noch in der Planungsphase, unser Projekt ist in der Bauphase. Je nach Phase sind die Herausforderungen sicherlich sehr unterschiedlich.

Wir sind sehr traurig, dass wir uns zur Zeit nicht „in echt“ treffen können, insbesondere auch deshalb, weil in den letzten 3 Wochen noch einige neue Wohnis dazu gekommen sind und wir uns aktuell gar nicht richtig kennen lernen können. Wir freuen uns deshalb umso mehr, dass es nicht mehr so  lange hin ist, bis wir zusammen wohnen.

In den letzte Monaten vor Einzug ist trotz Corona noch sehr viel zu tun, u.a.: die letzten Interessentengespräche führen, die Einrichtung des Gemeinschaftsraums organisieren,  Kostenberechnungen durchführen, Verträge durchzuarbeiten, notwendige Versicherungen klären, Satzungsanpassungen vorbereiten, diverse Vereinbarungen und Beschlüsse fassen – alles nicht so einfach bei „Social Distancing“, aber es gibt ja die modernen Kommunikationsformen bzw. das Telefon, das es ja schon ein weniger länger gibt (wenn auch nicht mehr mit Schnur).

22.04.2020 Tagebuch im Tagebuch im ...

Ich gehöre zu denen bzw. zu den vielen, die das Tagebuchschreiben wiederentdeckt haben – wenn auch noch nicht ganz klar darin, welches Format das am besten geeignete dafür ist. Auf jeden Fall ist es aber nicht mehr das mit vielen Bildchen und Herzchen aus der Teenager-Zeit.

In der NW gibt es ein „Bielefeld schreibt Tagebuch“. Darin erschien heute ein schöner Eintrag von Dieter Lenzen aus dem Heisenbergweg zum Thema „Wohnprojekte in Corona-Zeiten“, überschrieben mit „Neue Kommunikationsform“. Ich finde es sehr spannend, von dem Zusammenleben anderer Wohnprojekte in Corona-Zeiten und den kreativen Ideen dazu zu lesen. Erwähnt wird auch unser Corona-Tagebuch. Das freut mich und hoffentlich uns alle sehr.

13.04.2020 Das virtuelle Wohnprojekt - und ich allein Zuhaus

Außergewöhnliche Zeiten brauchen außergewöhnliche Maßnahmen…Das hat uns ermutigt, zu versuchen ein virtuelles Plenum abzuhalten…

„Ihr müsst euch im Internet ZOOM herunterladen…“

Was ist ZOOM…, wo muss ich da jetzt, ah ja (klick,klick), oh- was hab ich jetzt gemacht (klick) wo ist der Zettel von …noch mal…da… also öffnen (klick)

 „Ihr müsst dann nicht mehr tun, als in ZOOM die ID.Meeting einzugeben und schon seid ihr drin.“

Ja,…Aha … komisch… ja, Einstellungen, hm, nix oder alles…vielleicht hab ich kein Mikro oder eine Kamera….wo ist das Telefon: kling, kling, …. ja, ich sitz ja davor- wie, du bist schon drin. Nein ich seh nix, ich hab mich verklickt…was heißt denn jetzt: typisch???

 „(Quiek, Kicher…) Toll, ich kann euch sehen, ja – da bist du ja, gut siehst du aus… Wo ist denn…? Da ist … Wo sie ist, kann die Schwester nicht weit sein!… Wo bist du?… Sie hat bestimmt son altes Schätzchen…“

Nein verdammt…(klick, klick) ich hab nen neuen Turbo… ja, jetzt …ich seh die, die mich aber nicht…(klick, klick) Jetzt! Nö! Kamera aktivieren – nix. Stummschaltung ausschalten, so…Huhu, hört ihr mich?? Sag denen mal, dass ich sie höre und sehe… nur die mich nicht…vielleicht haben die was verstellt!!! Ich ?? Ich ???“ Sag denen mal, dass ich nicht blöd bin…(klick,klick,klick)..HILFE!!!!! Was???? Du willst da jetzt mal zuhören?Zuende?? Nächstes Mal??MENNO

12.04.2020 Test negativ

Es fing harmlos und erfreulich an:

Mein Patensohn und seine Freundin luden mich Sonntag, den 8.3.20, zu Kaffee und Kuchen ein. In ein neues kleines Café in Würselen (bei Aachen), und wir nahmen uns zur Begrüßung in den Arm.

Zu dem Zeitpunkt war das Virus weit von uns entfernt.

Am folgenden Freitag rief mein Patensohn an und teilte mit, dass die Chefin seiner Freundin positiv getestet worden war…. Parallel dazu hatte ich einen Kollegen aus meiner Balletschule auch in den Arm genommen, er teilte mir auch einige Tage später mit, dass sein Chef positiv getestet worden war…

Aus Vorsicht bin ich am folgenden Montag ins Amt, habe meinen PC genommen und arbeitete von Zuhause aus: selbstgewählte Quarantäne. Gut gemacht, denn die Freundin meines Patensohnes wurde positiv getestet.

Ich habe mich umgehend testen lassen – was glücklicherweise sofort möglich war.

In der 14tägigen selbstgewählten Isolation war es verdammt einsam – das genaue Gegenteil vom Wohnprojekt…. Ihr hättet im Innenhof gestanden und gewunken und gesungen („Zwei, drei, vier…“). Außerdem hättet ihr mich ja versorgt und ich hätte fünf Kilo zugenommen, weil ihr Angst hättet, dass ich verhungere….

Mein Test fiel negativ aus … die Wartetage waren lange Tage!

11.04.2020 Nichts mehr zum Anziehen

„M. hat nichts zum Anziehen.“ sagte meine Schwiegertochter genervt. Die 3-jährige wächst rasant. T-Shirts vom letzten Sommer reichen nur noch bis zum Bauchnabel, leichte Hosen sind zu kurz, Schuhe zu klein.

„Die Läden sind geschlossen und mir fehlen die vielen Flohmärkte.“

Am Abend spreche ich mit meiner Tochter. Sie wird wieder Kleidung von ihren älteren Kindern, aus der sie herausgewachsen sind, vom Dachboden holen, einen Karton für ihre Nichte packen und diesen vor ihre Tür stellen.

Wir gut, wenn die Familie nah beieinander wohnt.

06.04.2020 Zusammen leben

Unser Wohnprojekt ist  in großer Vorfreude auf das Zusammenleben, der Einzug ist für den September geplant. Wir hoffen sehr, dass trotz der aktuellen schwierigen Umstände alles gut klappt. Für die Kommunikation bis dahin haben wir andere Wege gefunden. Das Kennenlernen von Interessierten für die noch freien Wohnungen ist gerade nicht so einfach, aber auch in dieser Hinsicht sind wir kreativ.

Wie gehen Wohnprojekte in Bielefeld, die schon zusammen leben, mit der Corona-Situation um? Hier finden sich einige Hinweise dazu:

Die Hausgemeinschaft im Pauluscarree

Bielefelder Beginenhöfe

04.04.2020 Vom Anteilnehmen und Bekochen

In unserer Gruppe ist es nicht anders als in der Gesellschaft insgesamt:

Viele von uns bleiben zurzeit zu Hause – weil sie ihre Kinder betreuen, im Ruhestand (der in normalen Zeiten eher ein „Unruhestand“ ist), ihre Masterarbeit schreiben oder Homeoffice machen (dürfen und können). Fast allen fällt das schwer, vermissen ihre Aktivitäten und Begegnungen, leisten damit aber einen wichtigen Beitrag zum „Social Distancing“. Einige von uns können kein Homeoffice machen, insbesondere die, die in systemrelevanten Berufen arbeiten und zur Zeit dringend gebraucht werden.

Mein Eindruck ist, dass wir uns das alles sehr bewusst machen und großen Anteil daran nehmen.Wir freuen uns darauf, zusammenzuwohnen und uns für all das gegenseitig zu bekochen und zu bebacken.

04.04.2020 Spuren von "Verwahrlosung"

In Zeiten des Zurückgezogenseins droht mir leicht eine gewisse Verwahrlosung: Schlurikleidung, um sich greifende, platzraubende Unordnung.

Kurz: Über Gemütlichkeit in Puschen geht das schon hinaus…

Corona-Askese: Home Office. Und da kommt er, dieser muntere Gedanke: “Ja, das wird bald anders!“ Ich leg´trotzdem jetzt schon mal eine Aufräumaktion ein.

03.04.2020 Wie Elternzeit

Die Corona-Zeiten sind für viele mit starken Einbußen verbunden. Die von vielen Singlehaushalten erlebte Einsamkeit kommt bei uns als junge Familie jedoch nicht vor. Es ist wie eine weitere Elternzeit! Gerade für die Papa-Tochter Beziehung ist es wunderbar nicht arbeiten gehen zu können/müssen und Mama kann viel für ihre Masterarbeit schreiben. Nur das Treffen anderer Kinder und sogar der eigenen Urgroßeltern bleibt derzeit aus und das ist wirklich sehr schade für uns alle. Eine schöne Familienzeit bleibt es derweil aber trotzdem.

02.04.2020 Digitale Ermutigungen

In den jetztigen besonderen Zeiten schicken wir uns gegeseitig ermutigende Videos und Nachrichten hin und her.

Den guten Wunsch „Bleib gesund!“ höre ich jetzt öfter.

Letztens gab es dazu noch einen Anhang:

„Bleib gesund und wenn nicht wünsche ich einen milden Krankheitsverlauf“ –  wie auch immer, euch allen wünsche ich „Wohlergehen und Frieden“.

02.04.2020 Yoga-Gruppen-Zeit

Meine Yoga -Gruppen-Zeit. Eigentlich. Wir dürfen dort natürlich jetzt nicht hin.

Aber unsere tolle Lehrerin hat für uns per Audio Yogastunden aufgenommen. Ich lausche der vertrauten Stimme, habe den Yogaraum vor meinem inneren Auge und mache auf meiner Matte zuhause Yoga. Die Übungen sind mir vertraut und ich fühle mich wohl. Es ist fast wie in einer Einzelstunde. Ich bin nur bei mir. Genieße den Augenblick. …

01.04.2020 Toilettenpapier-Geburtstagstorte

Ich habe demnächst Geburtstag und irgendwie ist ja alles anders.

Keine Feier, noch nicht einmal ein Kaffeetrinken mit meinen alten Eltern.

Vielleicht kommt noch Kontakt über Video zustande. Ist aber nicht wie ein persönliches Treffen. Habe bei Café Kraume eine gebackene Toilettenpapierrolle bestellt. Wenigstens der Humor bleibt….

31.03.2020 Mit Puschen zum Plenum

„Ich freue mich darauf, wenn wir in Puschen zum Plenum gehen können.“, sagte ich oft. „Dann würde ich nicht mehr mit Bus und Bahn dazu anreisen müssen.“

Letzten Samstag konnte ich endlich in Puschen zum Plenum, sogar auf Socken.

Es war jedoch ganz anders als in meinen Träumen: Zuhause saß ich ganz allein vor meinem Laptop…Nun sehne ich mich danach, wieder mit Bus und Bahn anreisen zu dürfen.

31.03.2020 Spuren von Solidarität I

Als ich in der Tageszeitung las, dass durch die notwendigen Hygienevorschriften gerade die Hilfe für die Hilfebedürftigsten wegbricht, suchte und fand ich eine unbürokratische Möglichkeit, Brote, Wasser, Obst … zu den Obdachlosen in unserer Stadt zu bringen. Aber wieviele Brote kann ich – auf längere Dauer (!) – schmieren, finanzieren und auf den Weg bringen… Aber ich bin ja nicht allein:

„…tolle Aktion. Falls du Unterstützung brauchst…“ „…würde ich den Vorschlag machen, dass ich auf 14 Uhr 15 belegte Brötchen mit Wurst und Käse für dich bereit halte…“

„… ich habe Zeit. Wie wärs auch mit Obst und hart gekochten Eiern. Ich mache lieber Stullen!“ …

Danke, Wohnis!!

30.03.2020: Lieber in der Schule sein

30.03.2020: Vorfreude

Unsere Kleine vermisst Oma und Opa, den Spielplatz und andere Kinder. Mit Mama und Papa auf der Straße Fußball spielen oder mit dem Laufrad in den Wald fahren ist zwar auch schön, aber die jetzige Isolationsregelung führt uns allen klar vor Augen, wie sehr wir uns auf mehr Gemeinschaft und Zusammenhalt im Wohnprojekt freuen. Wie schön wäre es, wenn wir uns schon heute über den Innenhof und die Laubengänge zuwinken und gemeinsam singen könnten.

30.03.2020: Not macht erfinderisch

Freitag morgen beim Kardiologen trug das gesamte Personal bunte, selbstgenähte Mundschützer, mein hochseriöser Kardiologe mit MickeyMouse-Stoff … und die 2 Patienten, die jeweils parallel in die Praxis dürfen, werden angehalten, einen KaffeeFilter mit angetackerten Gummis zu tragen …

Not macht erfinderisch … wenn man den Ernst der Lage mal für einen Moment an die Seite schiebt: ein Bild zum Schreien komisch!

27.03.2020: Spuren von Innovation II und großer Freude

… ein Wohnprojekt ohne Gemeinschaftlichkeit ist eigentlich schwer vorstellbar, aber in Zeiten von Corona leider notwendig. Heute haben wir uns wenigstens virtuell wiedergesehen, und ich hatte das Gefühl, dass es eine große Freude für alle war, was mich sehr berührt hat.

26.03.2020: Spuren von Innovation I

Außergewöhnliche Zeiten brauchen außergewöhnliche Maßnahmen. So hat sich die AG Verträge inzwischen virtuell getroffen… Das hat und ermutigt zu versuchen, ein virtuelles Plenum abzuhalten…

„Hallo zusammen, … wollen wir am Samstag um 15 Uhr den Versuch starten, uns online zu einem Plenum zu treffen… Technische Voraussetzungen … Einrichten von Meeting-Software …Installation… Meeting ID…

25.03.2020: Spuren von Verunsicherung

In der Einkaufsschlange im Sicherheitsabstand plötzlich der Panikeinbruch: Steht der Bau still??? „Du, weißt du, ob die Arbeit am Bau eingestellt ist?“ „Neiin! Handwerkerautos stehen vor der Tür. Der Putz wird aufgetragen. Alles gut.

Herzlichen Dank an die Handwerker!

25.03.2020: Spuren von gutem Neid

Aus dem Projekt Heisenbergweg erzählt der Freund, dass die Mitbewohner (manchmal/oft=nach Bedarf) abends auf den Laubengängen stehen: mal singen und musizieren, mal klönen. Im Beginenhof werden die Stühle im Innenhof wieder oft genutzt für den Austausch der Neuigkeiten und Mutmacherworte: „Ich stelle dir morgen Suppe vor die Tür – ein ganz neues Rezept!“ Von Verstöße gegen die Abstandsregeln ist nichts bekannt :-). Leider auch nichts vom Rezept 🙁

22.03.2020: Spuren von Sehnsucht

Welch schöner Tag in dieser unschönen Zeit. Wenn wir doch schon alle zusammenwohnen würden, wir könnten uns gegenseitig unterstützen und ermutigen. Wir hoffen sehr, dass ihr alle diese uns belastende Zeit gut übersteht und wir hoffentlich bald gemeinsam am Frühstückstisch sitzen können!

21.03.2020: Spuren in die Zukunft

Ich stoße ich in der NW auf Zeilen von einem Zukunftsforscher: „Jede Tiefenkrise hinterlässt eine Story… die in die Zukunft weist. Eine der stärksten Visionen, die das Coronavirus hinterlässt, sind die musizierenden Italiener auf den Balkonen. Die zweite Vision senden uns die Satellitenbilder, die plötzlich die Industriegebiete Chinas und Italiens frei von Smog zeigen… Diese Tatsache wird etwas mit uns machen.“  (www.horx.com; www.zukunftsinstitut.de). Und die dritte Vision? Welche Spur und Story hinterlässt die Krise bei jedem Einzelnen, in Familien… in Wohnprojekten?